Die Abende boten den interessierten Bürgerinnen und Bürger einen Gesamtüberblick. Von der ersten Idee einer Photovoltaikanlage (PV) auf dem eigenen Hausdach, über die individuelle Bewertung im Solardachkataster des Landkreises Cochem-Zell, bis hin zu den steuerlichen Rahmenbedingungen, wurden Hemmnisse beseitigt und mit Fehlinformationen aufgeräumt.
Neben den Initiatoren der Kreisverwaltung, Klimaschutzmanager Alexander Ehl und Netzwerkmanagerin Nicole Jobelius-Schausten, standen weitere Experten Rede und Antwort: Energieberater der Verbraucherzentrale, Bernhard Andre, gab einen Überblick über die bedarfsgerechte Stromversorgung im Eigenheim.
Boris Tilitzki und Alla Henkel, vom Finanzamt Simmern-Zell, berichteten über das richtige Vorgehen in Sachen Steuerrecht und praxiserfahrene Firmen aus der Region, Regetec aus Kaisersesch und Elektro Konrath aus Zell gaben einen Überblick über verschiedene Praxisbeispiele.
„Selbst Strom auf dem eigenen Hausdach erzeugen, das funktioniert mit einer Photovoltaikanlage. In Zeiten sinkender Preise für die Anlagen lohnt sich das nach wie vor“, betont Energieberater Bernhard Andre, „Dennoch sollten Hausbesitzer vorher genau rechnen. Wir zeigen in den Beratungsstützpunkten, im Rahmen der Energieberatung, die wichtigsten Schritte von der Planung bis zur Installation“.
Solarstromanlagen sind eine lohnende Investition: Mit selbst erzeugtem Strom kann man bares Geld sparen und den Überschuss gegen eine Einspeisevergütung verkaufen.
Dabei ist es allerdings rentabler, selbst erzeugten Strom im eigenen Haushalt zu nutzen, statt ihn ins Netz einzuspeisen. Wie schnell es sich finanziell rechnet und wie groß die Anlage sein sollte, hängt aber sehr von der Dachfläche und dem eigenen Verbrauch ab.
Solardachkataster wichtiges Hilfsmittel bei der Entscheidungsfindung
Klimaschutzmanager Alexander Ehl, erklärte die einfache Nutzung des im vergangenen Oktober neu aufgelegten Solardachkatasters, welches online unter www.solardachkataster-cochem-zell.de zu erreichen ist. Die Sparkasse Mittelmosel hatte die Umsetzung des neuen Onlinetools finanziell ermöglicht. Dort können sich Hauseigentümer für das eigene Gebäude freischalten lassen, um eine Eignungsbewertung für das eigene Gebäude zu erhalten und verschiedene Anlagen-Szenarien zu simulieren. Die Nutzung der Onlineanwendung ist einfach und benutzerfreundlich. Schon mehr als 350 Hausbesitzer aus dem Landkreis haben das Solardachkataster seit November 2018 genutzt.
Eine Frage die alle Besucher umtrieb: „Lohnt sich die eigene PV-Anlage für mich?“
Eine wichtige Voraussetzung ist eine möglichst verschattungsfreie Dachfläche mit einer stabilen, asbestfreien Abdeckung. Optimal für eine PV-Anlage sind eine Südausrichtung und eine Dachneigung von 30 Grad. Neigungen von unter 25 oder über 60 Grad können den Ertrag der Solaranlage um bis zu zehn Prozent verringern. Die Ausrichtung der Fläche und die Sonneneinstrahlung entscheiden also wesentlich über den Ertrag der Anlage.
Obwohl nicht ganz so hohe Erträge wie südlich ausgerichtete Flächen zu erwarten sind, sind heute auch Anlagen auf Ost- und Westdächern oftmals sinnvoll. Das hat auch mit einer speziellen technischen Vorgabe aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zu tun. Denn Photovoltaikanlagen sollen nur maximal 70 Prozent der Nennleistung der Module ins Netz einspeisen. Bei Ost- und Westdächern bleibt die Maximalleistung der Gesamtanlage ohnehin meist unterhalb der 70-Prozent-Grenze, sodass durch diese Begrenzung kein Ertrag verloren geht.
Eine PV-Anlage ist immer als langfristige Investition zu sehen, die sich über 20 bis 30 Jahre rentieren soll. Dabei müssen pro Kilowatt Leistung durchschnittlich Kosten von etwa 1.200 bis 1.600 Euro (+19% Mehrwertsteuer) je nach Anlagengröße einkalkuliert werden.
Für Ein- und Zweifamilienhäuser empfehlen die Experten eine Anlagengröße von 5 bis 10 kW Leistung. Dies entspricht einer Investitionssumme von 7.000 bis 12.000 Euro (+ 19% Mehrwertsteuer). Bei dieser Investition können verschiedene Fördertöpfe helfen, wie beispielsweise das KFW-Kredit-Programm 270 „Erneuerbare Energien – Standard“.
Mit Hilfe von Batteriespeichern kann man den Eigenverbrauch von selbst erzeugtem Strom erhöhen. Sie machen den Strom auch in den Morgen- und Abendstunden nutzbar, wenn die Photovoltaikanlage nur wenig oder keinen Strom erzeugt. Die Batterienutzung kann auch zu einer Entlastung der Netze beitragen und dabei helfen, die Leistungsspitzen der Photovoltaikanlagen am Mittag abzufangen. Manche Speichersysteme stellen zudem die Versorgung bei Stromausfall für eine gewisse Zeit sicher.
Die Speichertechnologien und der Markt für solche Systeme haben sich in den vergangenen Jahren stark entwickelt, wodurch Speichersysteme zunehmend wirtschaftlicher werden. Die Auswahl und Installation eines Speichersystems erfordert eine sorgfältige Planung und Vorbereitung. Ein hoher Eigenverbrauch mit gutem Verhältnis von Aufwand zu Nutzen ist möglich, wenn die Stromspeicherkapazität der Batterien gut auf die Leistung der Photovoltaikanlage sowie den Haushaltsstrombedarf abgestimmt ist.
Steuerrecht oftmals die überbewertete Hürde bei der Investition in eine PV-Anlage
Anlagenbetreiber machen sich im Vorfeld Gedanken darüber, dass sie mit der Installation einer Photovoltaikanlage zum Gewerbetreibenden im steuerlichen Sinn werden und regelmäßig auch umsatzsteuerliche Pflichten zu beachten haben. Um hier keine Nachteile zu erleiden, sollte rechtzeitig vor dem Erwerb der Anlage das Gespräch mit dem steuerlichen Berater (Finanzamt / Steuerberater) gesucht werden. Nur so lassen sich „Fehler“ vermeiden, die sich später womöglich nicht mehr korrigieren lassen.
Soviel vorweg: Eine Gewerbeanmeldung ist nicht notwendig!
Die Beurteilung der steuerlichen Rahmenbedingungen ist für den Entscheidungsprozess zur Anschaffung äußerst wichtig. Zur steuerlichen Beurteilung ist auch der Anlagetyp von Bedeutung: Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf kleinere PV-Anlagen bis 10 kW Leistung, die auf Dächern von privat genutzten Immobilien installiert sind. Mit der Anschaffung und dem Betrieb kommt der Betreiber mit einer ganzen Bandbreite des Steuerrechts in Berührung.
Gewerbesteuer und Einkommensteuer
„Soweit der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom ganz oder teilweise und regelmäßig in das Stromnetz einspeist, dient die Anlage der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen und begründet die Unternehmereigenschaft. Um die Erhebung der Umsatzsteuer (USt) und die Abgabe der Umsatzsteuererklärung zu vermeiden, können Anlagenbetreiber die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen“, führ Boris Tilitzki in die Steuerthematik ein. Meist werden sich Anlagenbetreiber jedoch bewusst gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden, da sie so den Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Anlage sowie aus laufenden Kosten geltend machen können.
Die Umsatzsteuer wird grundsätzlich nach dem Sollprinzip, d.h. nach vereinbarten Entgelten, berechnet. Die Umsätze sind danach in dem Voranmeldungszeitraum zu erklären, in dem die Leistung erbracht wurde. Der Anlagenbetreiber erhält i.d.R. eine Gutschrift für die Stromeinspeisung vom Netzbetreiber. Daraus ergibt sich das Problem, dass die Umsatzsteuer bei der Soll-Versteuerung bereits abgeführt werden muss, obwohl die Gutschrift des Netzbetreibers noch gar nicht vorliegt. Aufgrund dessen werden die meisten Betreiber auf die Ist-Versteuerung zurückgreifen und sie beim Finanzamt beantragen, sofern die PV-Anlage die einzige unternehmerische Tätigkeit darstellt. Hier sind die Umsätze erst in dem Voranmeldungszeitraum anzumelden, in dem der Zahlungseingang erfolgte.
Für die Umsatzsteuererklärungen ist neben der vom Netzbetreiber erhaltenen Vergütung auch der Eigenverbrauch zu berücksichtigen. Er ist – falls keine Kleinunternehmerreglung zum Ansatz kommt – entsprechend der USt zu unterwerfen.
„Die dem Anlagenbetreiber vom Netzbetreiber gewährten Vergütungen stellen grundsätzlich Einnahmen aus einer gewerblichen Betätigung dar. Die PV-Anlagen dienen dem Gewerbebetrieb zur Stromerzeugung, sind daher als Betriebsvermögen zu sehen und zählen zu den selbständigen, beweglichen und abnutzbaren Wirtschaftsgütern“, erklärt Alla Henkel vom Finanzamt Zell und führt die Zuhörer durch die Formularstruktur, „Als Betriebsausgaben sind die Abschreibung der PV-Anlagen, die Zinsaufwendungen aus der Darlehensaufnahme sowie Betriebskosten (z.B. Reparaturkosten oder Versicherungen) zu erfassen. Das Ergebnis ist in der Einkommensteuererklärung in Anlage G zu erklären“.
Für die motivierten Besucher ist das Steuerrecht harte Kost, aber nach Abschluss der Veranstaltung kein Grund mehr, welches der einen PV-Anlage im Wege stehen könnte.