Alternative Energiepflanzen im Landkreis Cochem-Zell auf dem Vormarsch
Startschuss zu Versuchsprojekt in der Bioenergie-Region
Die
Stimmung ist gut im „Alten Backes“ in Alflen, als der Erste Vorsitzende
der Energieagentur „unser-klima-cochem-zell e. V.“, Landrat Manfred
Schnur, die Projektbeteiligten begrüßt. Wer möchte da an Konfliktfelder
denken? Und doch gilt es in dieser Runde ein ehrgeiziges Projekt zu
starten.
Schon seit einigen Monaten wurden in der Energieagentur des
Landkreises Projektgruppensitzungen und Veranstaltungen zum Thema
„Alternative Energiepflanzen“ unter Beteiligung der Interessentenkreise
Landwirtschaft, Imkerei und Jagdwesen durchgeführt und brisante
Konfliktfelder „beackert“. Nun wurde es Zeit den Worten auch Taten
folgen zu lassen.
„Beim Thema Biogas denkt fast jeder an großflächige
Maisäcker. In unserer Region kann von einer sogenannten „Vermaisung“
nicht die Rede sein, doch in anderen Teilen Deutschlands ist es ein
echtes Problem und wird in den Medien auch als solches vordergründig
dargestellt. In unserem Landkreis belegen die Flächen für den Anbau von
Energiepflanzen für Biogasanlagen etwa 1600 ha. Also lediglich etwas
mehr als 6 Prozent der Anbauflächen. Eine Zahl die im Vergleich zum
Bundes- und auch Landesdurchschnitt mehr als verträglich ist.“, erklärt
Schnur.
Landwirte als Hauptakteure
Im
Beisein der Projektbeteiligten unterschrieben die Landwirte Thomas
Heidberg, Briedeler Heck, Johannes Heinzen, Alflen und Hermann Kesseler,
Lutzerath gemeinsam mit Landrat Schnur die Projekt- und
Kooperationsvereinbarung für die 5-jährige Versuchsdauer.
Die
Landwirte hatten sich bereiterklärt, Feldflächen zur Verfügung zu
stellen um dort Alternativen zum Mais anzubauen und diese für eine
Versuchsdauer von 5 Jahren im Hinblick auf Ertrag, Wildschäden und
Bienentracht zu untersuchen.
Finanziert wird dieses Projekt von der
Energieagentur des Landkreises mit Förderung des Wettbewerbes der
Bioenergie-Regionen. Die fachliche Begleitung übernimmt dabei das DLR
Eifel (Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum). Die Trachtmessungen
werden von Fachzentrum Bienen und Imkerei durchgeführt.
Die Versuchsflächen
Drei Versuchsflächen wird es zukünftig in unterschiedlichen Lagen des Landkreises geben.
In
Alflen soll schon in der kommenden Woche mit der Aussaat des
vorbehandelten Drillsaatgutes der durchwachsenden Silphie begonnen
werden. Eine Besonderheit, denn bisher hat es viele Landwirte davon
abgehalten es mit diesem Korbblütler zu versuchen, da die zarten
Pflänzchen einzeln gepflanzt werden mussten. Durch großes Engagement der
Energieagentur war es möglich geworden, erstmalig in Rheinland-Pfalz
ein vorbehandeltes Drillsaatgut des Fachhändlers zu bekommen, was sowohl
die Kosten als auch den Arbeitsaufwand reduzierte.
Es
klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Eine hübsche Pflanze, die der
Bauer nach etwa zwei Jahren getrost sich selbst überlassen kann, liefert
über Jahre hinweg zuverlässig reichlich Futter für Biogasanlagen. Sie
ist kein Güllefresser, lässt also kein Nitrat ins Trinkwasser
einsickern, sie bewahrt den Boden vor Erosion, unsere Landschaft vor der
"Vermaisung" und den Bauern vor Wildschäden: Wildschweine lieben Mais,
lassen die Silphie aber hoffentlich links liegen. Außerdem sagt man
dieser „Wunderpflanze“ nach, dass Sie einen überaus positiven Einfluss
auf die Gesundheit der Bienenvölker hat. Die Kultur blüht von Juli bis
September mit faustgroßen gelben Blüten, was sie für Imker sehr
interessant macht und auch manchen Spaziergänger und Wanderer erfreuen
dürfte.
Martin Bauer, nahm in Vertretung für den Vorsitzenden des
Imker-Kreisverbandes Cochem-Zell die Silphiepflänzchen für die
heimischen Imkergärten in Empfang. Über dieses Projekt möchte man auch
den Imkern selbst die Möglichkeit geben, Erfahrungen mit der
„Bienenpflanze“-Silphie zu machen.
In Lutzerath wird schon in
diesem Sommer eine Fläche mit Wildpflanzen für ein buntes
Erscheinungsbild sorgen. Dort wurde von Landwirt Kesseler eine
mehrjährige Wildpflanzenmischung der Firma Freudenberger aus Krefeld
ausgebracht. Diese stellten das Saatgut für die Versuchsflächen
kostenfrei zur Verfügung. Die Vorteile beim Anbau von
Wildpflanzenmischungen liegen in dem geringen Aufwand und der Förderung
der Bodenfruchtbarkeit. Durch die mehrjährige Nutzungsdauer mit nur zwei
jährlichen Arbeitsschritten (Düngung und Ernte) ist der
Produktionsaufwand gering. Außerdem bieten die Blütenpflanzen den Bienen
und anderen Blütenbesuchern gerade in der blütenarmen Zeit im
Spätsommer zusätzliche Nahrungsquellen.
Im Hunsrück wird im Ortsteil
Maiermund / Briedeler Heck ein großes Szarvasifeld wachsen. Landwirt
Thomas Heidberg hat dieses bereits angelegt. Diese Energiepflanze zeigt
sich ähnlich wie Grünland, allerdings nur mit zwei Schnitten im Jahr
(statt drei oder vier). Es handelt sich um eine Dauerkultur, folglich
gibt es keine Erosionsprobleme. Die Pflanze wird ausgesät und bleibt
dann mit ihren Wurzeln zehn bis zwanzig Jahre im Boden. Das Schnittgut
soll sich einwandfrei für die Verarbeitung in der Biogasanlage eignen.
Es könnte die lange gesuchte echte Alternative zum Energiemais mit
seinen vielfältigen Problemen (Bodenerosion, Wildschäden,
Maiswurzelbohrer etc.) sein.
Bleibt also abzuwarten, welche Pflanzen im Landkreis Cochem-Zell das Rennen machen und Lösungsansätze bieten werden.